Roller Winterreifen
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Piaggio Beverly 300i.e.: Schwer(er)es Wintergeschütz:
Hotcover mit plüschigem Innenleben, |
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Winter-Equipment für Vespa & Co. |
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Wirklich coole Scooter-Reiter ziehen Winter-Gummis auf und schnallen sich eine Heizdecke um. | |
Wenn
der Kalender auf Winter steht ist das noch lange kein Grund, alle Eisen
ins Garagen-Eck zu stellen. Besonders für Roller gibt es eine Menge
Zubehör das hilft, der Kälte zu trotzen. Abgesehen von Heizgriffen und
Kniedecken ist mittlerweile das Sortiment an wintertauglichen Reifen
herstellerseitig einigermassen breit gefächert. Schnee- & Eis auf der
Fahrbahn sind dafür aber nicht unbedingt Bedingung. Die klassische
Vorstellung von Winter ist: Kälte, Schnee, Eis, glatte Strassen. Diese
Vorstellung hat der Winter 2011/2012 bis Mitte/Ende Jänner in Wien mit
kleinen Ausnahme(zustände)n - nicht geliefert. Es war eher kühl als
kalt, das bisschen Schnee war spätestens nach einem Tag weggeschmolzen
(auch dank Regens), Glatteis gabs nur fallweise, etwa frühmorgens am
Stadtrand, und auf den Strassen wars nicht eiseshalber rutschig, sondern
deshalb, weil sich Streusalz, Rollsplitt und Feuchtigkeit zu einer bös
schmierigen Melange vermischten. |
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Vespa GTS 300i.e. Super: Winterliche Basis-Ausstattung - mit transparenter Mini-Frontscheibe und grobstolligem Winterschuh-Werk. |
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Die Post ist uns voraus. Immer schon Winterreifen. |
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Es
werden seit Jahren auffallend mehr. Vor allem Roller-Reiter stellen ihre
Böcke zunehmend seltener in den Winterschlaf. Und manche tun das, was
die Post zum Beispiel schon lange macht: Winterreifen aufziehen. Seit,
man kann sagen Jahrzehnten bereits, rüstet die gelbe Boten-Gesellschaft
ihren Moped-Fuhrpark mit Kälte-Pneus aus. Die stammten und stammen zum
Grossteil heute noch von Heidenau, einem deutschen Reifenhersteller,
der sich auf Nischenprodukte spezialisiert hat. Nun fährt die Post gemeinhin auf schmalen Schuhen, wie sie dem Piaggio Liberty passen. Und demgemäss war die Dimensionen-Auswahl bis vor kurzem eher klein dimensioniert. Mit der Roller-Welle, die langsam, aber stetig von unseren südlichen Nachbarn ausgehend (wo Winterreifen eher kein Thema sind), in die Alpenregionen geschwappt ist, verbreiterte sich auch das Angebot an kältetauglichen Gummis. Dieses umfasst mittlerweile so gut wie alle gängigen Scooter-Dimensionen und auch einige von Motorrädern, vor allem kleinerer Reise-Enduros vom Schlage einer Honda Transalp etwa. |
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Kein Schnee-, sondern ein Winterreifen. |
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Seit
rund drei Jahren rüstet der österreichische Piaggio-Importeur Faber
seinen Winter-Fuhrpark mit entsprechenden Reifen aus. Wir haben uns
heuer zur Probe die Vespa GTS 300i.e. Super Sport und die Piaggio
Beverly 300i.e. zu Gemüte geführt. Gleich vorweggenommen: Eine
Schneefahrprobe hat nicht stattgefunden. Einfach, weil während der
Probierperiode kein Stäuberl Schnee auf dem Boden zu finden war. Es gab
bloss ein-, zwei Mal ein wildes Flockentreiben, das sich aber nicht
auf die Fahrbahn niedergeschlagen hat. Doch, wie uns ein nicht nur in
Österreich hoch anerkannter Reifen-Fachmann immer wieder von Neuem
erklärt: Ein Winterreifen ist kein Schnee- sondern ein Kältereifen. Kalt
genug war uns auf jeden Fall. Die Vespa war vorne wie hinten Heidenau Snowtex-Pneus beschuht. Bei der Abholung lachte die Sonne vom Himmel, was das Zeug hielt. Die Temperaturen hielten sich trotzdem an winterliche Grenzen: fünf Grad. Unter null. Zu Mittag. Es fiel sogleich auf, dass der Abrollkomfort der grobstolligen Gummis im Verbund mit den kleinen Rädern ein etwas rauerer ist als gewohnt. Man spürt sich sozusagen von Profilblock zu Profilblock. Den gefrorenen Lacken am Strassenrand elegant ausweichend war schnell festgestellt, dass der Gummi schnell hält, was er verspricht. Er schmierte und schmirgelte nicht. Und einem Verkehrsteilnehmer, der sich nach langem Hin- und Herüberlegen doch entschloss bei blinkendem Grün an der Ampel eine Vollbremsung hinzulegen, fuhr man nicht in den Kofferraum. Fazit: Der Bremsgrip baut sich schnell auf. |
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An der Vespa waren vorne wie hinten Gummis aus dem Reifenwerk Heidenau namens Snowtex aufgezogen. |
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Minus 7. Das Eiern kommt vom Zittern. |
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Das
schöne Wetter verleitet anderntags zu einer Frührunde durch die Wiener
Aussenbezirke. Mutig geworden gibt man Gas, denkt sich, weil die Vespa
stellenweise heftig tanzt, na ja, so kleine Radeln, das eiert halt.
Und stellt dann fest, dass der Untergrund ein halbwässriger (Schmier-)Film
aus gerade auftauendem Eis ist. Auch gut, die Gummis haben nämlich eh
gehalten. Nur die nächsten Ecken geht man dann halt doch etwas
zurückhaltender an. Weils bitter kalt ist. Drei zu Rate gezogene
Thermometer zeigen einstimmig minus sieben Grad. Da schlottern die Knie
mehr, als die Vespe eiert, und es erhebt sich die Frage, ob das Eiern
nicht doch vom Zittern kommt. Doch es kommt wärmer. Denn während auf der Vespa ausser Wintergummis an Wind- und Wetterschutz lediglich ein sportlich kleines Windschild montiert war das sicherlich auch im Sommer seinen Zweck gut erfüllt -, trat als nächste die Piaggio Beverly 300i.e. in vollem Winter-Trimm auf. Mit Misch-Bereifung: Am vorderen 16-Zoll-Rad war ein Heidenau Snowtex aufgezogen, am hinteren 14-Zoll-Rad ein IRC Urban Snow, ein Produkt aus Japan. Dazu kam ein Griffheizungs-System mit mehrstufiger Temperatur-Regelung sowie eine (fix montierte) Winterschürze, genannt HotCover oder auch LegCover mit plüschigem Innenleben, ausserdem ein etwas weniger sportliches, dafür höheres Windshield, nebst einem Top-Case. Denn der Stauraum unter der Sitzbank ist mit dem Cover fürs LegCover schon ziemlich gut ausgefüllt. Was den Abroll-Komfort betrifft, so erscheint dieser auf der Beverly mit dem hinten aufgezogenen IRC Urban Snow weniger unterschiedlich zu normaler Bereifung zu sein als bei der Vespa. Das mag aber auch an den grösseren Rädern liegen. |
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Die Beverly bekam eine sogenannte Mischbereifung mit auf den Weg: vorne Heidenau Snowtex, hinten IRC Urban Snow. |
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Winterreifen nicht für alle Roller. Und nicht nur. |
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Die Aufwärm-Phase des hinteren ist gefühlsmässig
ebenso kurz wie beim Heidenau. Nach ein paar Metern an der ersten
Abbiege-Kreuzung - grippen die Gummis bereits ordentlich. Und auch die
Übertragung der Bremskräfte wirkt spontan und überzeugend. Doch ist
einzukalkulieren, dass der Piaggio-Grossradler doch einiges mehr an
Gewicht auf die Waage bringt als die Vespa, nämlich, laut Werksangabe,
183 Kilo, gegenüber den rund 160 Kilo der GTS Super Sport. Mittlerweile riskieren bereits etwas mehr Hersteller als Heidenau und IRC das Nischen-Geschäft mit Winterreifen für Einspurige. Metzeler etwa bietet wintertaugliche Pneus an, liefert dazu jedoch nicht allzu tief schürfende Informationen. Die Produktbezeichnung lautet Feelfree Wintec. Erhältlich sind die Winter-Metzeler für 10- bis 16-Zoll-Räder, damit ist die gesamte Scooter-Bandbreite abgedeckt inklusive Gilera GP 800 sowie Aprilia SRV 850, weil freigegeben für eine Top-Speed von 210 km/h (was im Winter schon eine sehr kalte Mutprobe wäre). Auch der slowenische Reifen-Produzent Sava hat Wintergummis für Einspur-Fahrzeuge im Programm und das nicht ausschliesslich für Roller. Deren Produkt nennt sich MC 32 Win Sport, ist ebenfalls in den Grössen 10 bis 16 Zoll zu haben. Die kann man auch als Spike-Version haben, da habe sie dann den Nachnamen Spike. Neu auf dem Markt ist der italienische Hersteller Golden Tyre. Derzeit sind die Grössen-Kategorien 10 bis 15 Zoll abgedeckt. Das Programm soll kontinuierlich vervollständigt werden. |
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Gesetzlich betrachtet ist es so, dass es in Österreich für einspurige
Fahrzeuge so etwas wie eine situative Winterreifenpflicht derzeit
nicht gibt. In Deutschland schon. Wobei die Diskussions-Wogen nicht nur
deshalb hoch schlagen, weil es zwar wohl für Roller, für das Gros der
Motorräder jedoch winter-gererechte Pneus nicht gibt, einmal abgesehen
von Enduro-Reifen. Ob Regenreifen eine teure Möglichkeit wären?
Solange sie eine M + S-Kennzeichnung oder gar ein Schneeflocken-Symbol
tragen, schon. In Italien dafür stellt sich der Gesetzgeber momentan vor, für Motorradler nicht nur Winter-Gummis zu verordnen, sondern auch gleich eine Mitführpflicht für Schneeketten. Egal, ob der Winter beim südlichen Nachbarn sich gerade winterlich aufführt oder nicht, was bei der hohen Klimazonen-Spreizung besonders z. B. in Sizilien hoch unwahrscheinlich ist. Die Realisierung solchen Ansinnens ebenso, auch ungeachtet der Tatsache, dass es sowohl Pneus als auch Ketten so gut wie gar nicht gibt. Für Diskussionsstoff ist also auch hier reichlich gesorgt. Stichwort Ketten: Solche sind schon zu haben, allerdings nur nach Mass und auf Bestellung. Verantwortlich dafür zeichnet der österreichische Unternehmer Hubert Staudacher mit Sitz in Fohnsorf/Stmk. Er stellt für Fahrzeuge unterschiedlichster Art Motorräder, Gespanne, Oldtimer, Mopedautos etc. diese (An-)Fahrhilfen her. |
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Interessante Links:
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Text: Beatrix Keckeis-Hiller, Fotos: Trixi Keckeis |
Bericht vom 02.02.2012 | 43.078 Aufrufe