Bridgestone BT-003 RS
Bridgestone BT-003 Racing Street |
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Die Macht von Almeria. Triumph 675 Daytona auf Bridgestone BT003 Racing Street. |
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3. Runde. Ich hänge immer noch wie ein Schatten an Jeremy McWilliams dran, der die enge links-rechts Kombi vor der Zielgeraden aus 250 hart anbremst. Der Druck auf den Armen ist jetzt unerträglich, der Moment, in dem du beim Bankdrücken froh bist, wenn sich ein Kopf an einem starken Hals über dich beugt. Die Triceps stehen kurz vor dem Kollaps, die extrem angewinkelten Beine beginnen zu verkrampfen. Er deutet mir mit dem Zeigefinger. Noch eine Runde. Der ehemalige MotoGP Pilot reisst die Yamaha aus der Ecke, an der Boxenmauer vorbei, um im Gefälle erneut hart anzubremsen. Kurze Entspannung in der Rechtskurve, kurz ans Fallenlassen denken, bis wieder bergauf beschleunigt wird. Wenn hier Festhalten nicht mehr geht, wird ein Gipfelkreuz für ewig an deinen Absturz in der Wand erinnern. Ich kann mich auf keinen Fall zurückfallen lassen. Es würde Jeremy nicht gefallen, wenn er ohne mich am Sozius in die Box zurückkehren müsste. Wir sitzen schliesslich beide am selben Bock. |
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Nur noch die Runden überstehen und
versuchen, zu geniessen. Als Beifahrer bist du so nah wie nur möglich am Arbeitsplatz eines Begnadeten dran, siehst ihm quasi aus der Vogelperspektive zu, beim Beherrschen, beim Kontrollieren und beim Anrauchen bis zur Schmerzgrenze. Speziell die Belastungen für den Oberkörper hält man höchstens 5 Runden lang durch wenn man recht sportlich ist. Die Beine sind in der Katze am Klo Position so hilfreich wie Überbeine beim Dauerlauf. Keinerlei Kontakt der Knie mit dem Motorrad, keine Rückenlehne, wer den Lenker hält, hat das Kommando, und das bist nicht du. Ausserdem führen unterschiedliche Prioritäten beim mitfahrenden Amateur (oben bleiben) und dem fahrenden Profi (vorne bleiben) zu einem stressgeladenen Spannungsfeld. Ein Rennfahrer will kämpfen, sobald er in den Ring steigt. |
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Immer die Hoffnung, dass der noch an mich denkt. |
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Ein Motorradfahrer, ob bei Verstand oder nicht, sucht die Freiheit und Freiheit heisst Selbstbestimmung, heisst Souveränität. Wieso man auf diese verzichtet, sich selbst entmündigt und Leib und Leben in die Hände eines anderen legt, fragt man eine Frau. Oder von nun an auch mich. Damit ein Motorradfahren zu zweit - das ich übrigens nur im Tourenmodus praktiziere, die Fracht ist zu wertvoll - funktioniert, braucht es vor allem eins: Vertrauen. Auch ich hatte vollstes Vertrauen in das Fahrkönnen und die verantwortungsvolle Fahrweise von Jeremy McWilliams. Und der hatte offensichtlich vollstes Vertrauen in den Bridgestone BT-003 Racing Street, den neuesten Vertreter der Missing Link Fraktion, die reinrassige Rennreifen mit supersportlichen Strassenreifen verbindet. Gelegentlichen für den Ausflug auf den Ring, grundsätzlich für den engagierten Einsatz auf Hausstrecken und Landstrassen. | |||||||||||||||
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Hoher Schwerpunkt heisst weiter Flug. Mitfahren heisst, daran nicht zu denken. |
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Bridgestone BT-003 Racing Street Video |
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Einsatzbereich des BT-003 Racing Street. Schliesst
die Lücke zwischen BT-016 und BT-003, |
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Beim Pressetest in Almeria wurden die Reifen teilweise den ganzen Tag lang
auf den rauen Asphalt gerieben. Kommt in der Intensität bei keinem mir
bekannten Rennstreckentraining vor, wenn man unsere Fahrzeit berechnet, es
sei denn, man teilt sich ein Motorrad oder fährt gerne mehrmals den
Langstreckentank leer, sprich, man trainiert richtig. Dann empfiehlt sich
natürlich der für eben diesen Einsatzzweck vorgesehene BT-003, der
allerdings ebenfalls für den Strassenbetrieb zugelassen ist. Dort
funktioniert der Hybrid Racing Street aber besser, weil er eine niedrigere
Betriebstemperatur hat, die Aufwärmphase kürzer dauert und aufgrund des
höheren Negativprofilanteils eine bessere Wasserverdrängung aufweist. Ausser
als Fahrgast fuhr ich natürlich die meiste Zeit alleine und selbst. Honda
Fireblade, die ich schon bei den Honda Race Track Days ausgiebig testen
konnte, ebenso die kleine Schwester CBR600RR, die neue Yamaha R1
(unglaublich, faszinierend, fast irritierend), die Triumph Daytona (meiner
und der Meinung von MOTORRAD Redakteur Carsten Schwers nach DIE Waffe in
Almeria, 1000PS wird sie heuer noch im Einsatz haben) und zum Spass - und
weil ich wahrscheinlich nie wieder die Gelegenheit dazu haben werde - die
Carbon-Titan-Kuh BMW HP2 Sport (ein Erlebnis für sich!). Dass der Reifen also
mit einer starken und verschiedenartigen Dauerbelastung auf der Rundstrecke zurecht kommt,
die Frage stellt sich mir sicher nicht mehr. Auch Jeremy McWilliams dürfte sich nicht viele Fragen gestellt haben. Er passte Reifendruck und Fahrwerk der R1 auf den 2 Personenbetrieb an, fuhr alleine eine Aufwärmrunde und nach einer umfangreichen Einschulung ging es los. 'Ja, da halt festhalten, beim Bremsen auf den Tank stützen, passt fohr ma.' Die erste Runde zum Eingewöhnen, die zweite zum Abgewöhnen. Und es wurde noch schneller. Während ich mit sabberndem Mund und tränenden Augen dem Meister bei der Arbeit zusah, spürte ich leider ganz deutlich, wie Jeremy immer weiter an die Grenzen ging. Vor der Schikane beschleunigte er, dass wir deutlich nach rechts abdrifteten, bald schien es, als fuhren wir nur mehr auf einem millimeterdünnen Streifen, der Schnellsein von Nichtsein trennte. Was ich nicht merkte war, dass Clemens K., der uns freundlicherweise als Kameramann mit einer GSX-R 750 folgte, immer mehr Abstand zu uns herausfuhr. Und er ist kein Langsamer nicht. Durchaus erschreckend. Besonders beim Durchfahren der Doppelrechts und dem anschliessenden Beschleunigen auf die lange Gerade machte Jeremy Meter, dass einem die Tränen kamen. Er fuhr die zwei Kurven nicht wie eine, denn so lernt man das ja im Fahrtechniktraining. Er fuhr sie aber auch nicht wie zwei Kurven, sondern wie zwei Ecken. Nach der ersten stellte er die R1 mit mir als Sendemasten mit einem Ruck auf, zog brutal am Gas und eine Sekunde später an der Bremse, wo ich wirklich an der Grenze meiner Haltbarkeit war, um erneut reinzukippen, aufzustellen und aufs offene Feld hinaus zu schiessen. Einfach unbeschreiblich geil, einem Profi bei der Arbeit zuzusehen. |
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Bullenreiten, ein spanisches Kulturgut. Der Stier blieb diesmal am Leben, weil man Carbon nicht essen kann. |
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He took it to the next level. Jeremy McWilliams hat meine Sicht auf modernes Reifenmaterial und sein Potenzial auf eine neue Ebene gehoben. Ich durfte ihn dabei beobachten, wie er den Gummi am Limit bewegt und zwar ohne selbst von der eigenen Konzentration auf das Steuern des Motorrads abgelenkt zu werden. 65 Kilo im Sattel, 75 Kilo am Sozius, 350 Kilo in einer schnellen, exakten Umlaufbahn. Ich bezweifle stark, dass er an eine Schwäche im Reifen verwiesen hätte, wenn er uns drei (R1, Jeremy, kot) aus dieser geworfen hätte. Dafür war er zu gut, dafür war der Reifen zu gut. Schon mit einem Hyper/Supersportreifen für die Strasse kann man ein paar schnelle Runden auf der Rennstrecke drehen, wenn es einem danach ist. Mit dem Racing Street geht das noch schneller. | |||||||||||||||
Bridgestone BT-003 Profil |
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Das Endlos-S Muster in der Laufflächen-Mitte sorgt für einen stabileren, präziseren Geradeauslauf und bessere Bremsleistung. An den Flanken weist der RS mehr Negativprofilanteil auf, als der reine BT-003, was das Handling verbessert und die Wasserverdrängung fördert. |
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Bridgestone BT-003 RS Dimensionen | |||||||||||||||
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Text: kot |
Bericht vom 02.04.2009 | 9.432 Aufrufe