Wüsten, Berge und Oasen: Auf Motorradtour in Marokko
Ein Motorradabenteuer im Land wie aus Tausendundeiner Nacht
Marokko ist ein unterschätztes Reiseziel: Grandiose Landschaften, Strassen von perfekt bis zu losem Untergrund, kulturelle Highlights und eine enorme Gastfreundschaft zeichnen das Land aus. Also auf, ins Motorradabenteuer Marokko!

Autor: Ralf Schröder
Eine vierspurige Strasse in Marrakech in der Innenstadt: Der Verkehr ist dicht, es gibt kaum Lücken. Und wenn es welche geben sollte, werden sie sofort von Mopeds und Rollern gefüllt. Wie überquert man so eine Strasse als Fussgänger? Ein alter Mann, der schlecht zu Fuss ist, macht es uns vor: Einfach losgehen. Sein Motto lautet augenscheinlich: Die sehen mich ja.
Motorradreise in Marokko - Ein Abenteuer
In Deutschland wäre das ein lebensgefährliches Vorhaben, das quietschende Bremsen, Gehupe und Beschimpfungen zur Folge hätte. In Marrakech jedoch funktioniert es erstaunlich reibungslos. Autos halten tatsächlich an und lassen ihn passieren. Ein Mitteleuropäer benötigt hier allerdings Zeit, um sich an den chaotisch wirkenden Verkehr zu gewöhnen. Linksherum um den Kreisverkehr, weil rechts ein Auto wartet? Kein Problem. Gegen die Einbahnstrasse? Zumindest mit einem Moped scheint das möglich.
Ein plötzliches Zeichen sorgt dafür, dass alle Roller und Mopeds in der Einbahnstrasse umdrehen und zurückfahren die Polizei kontrolliert. Kaum ist der Streifenwagen verschwunden, fliesst der Strom der Zweiräder wieder in die vermeintlich falsche Richtung. Dieses Die sehen mich ja gibt es in unendlichen Varianten: Beim Überholen: Die sehen doch, dass ich es eilig habe. Der hoch beladene Lastwagen mit Stroh: Die sehen doch, dass ich mehr Platz brauche. Die Frau mit dem Esel, der mit Schilf beladen ist: Die sehen mich doch. Wo es in Deutschland um Orrrrdnung und RECHT haben geht, folgt der Verkehr in Marokko anderen Prinzipien: Es schauen wirklich alle. Und nehmen die "Fehler" der anderen recht gelassen hin. Wie wird das auf dem Motorrad sein?
Motorräder sind in Marokko härteren Belastungen ausgesetzt
Reindert, der Guide, führt die Reisegruppe zu einem Motorradvermieter. Im Angebot stehen BMW und KTM, die in einer eigenen Werkstatt nach jeder Tour zerlegt, gereinigt und gepflegt werden. Der nächste Händler? Weit weg. Die nächste Fachwerkstatt? Samir lacht. "Die Leute von BMW rufen mich an, wenn sie was wissen wollen." Klar, Mietmotorräder bekommen schneller viele Kilometer auf die Uhr als private Maschinen. Und sie sind in Marokko härteren Belastungen ausgesetzt als in Mitteleuropa. Sonneneinstrahlung lässt Scheiben und Scheinwerfer milchig werden, ein kleiner Sandsturm poliert den Lack und der nicht immer vorhandene Strassenbelag setzt Reifen, Radlagern und Federung zu. Die Bikes werden gefordert.
Ralf bekommt eine KTM 890 Adventure R, Birgit wählt eine kleine BMW 310 GS. Die kleine BMW wird von Reindert empfohlen: Mehr brauchst du hier nicht. Die Gruppe besteht aus neun Motorrädern, Ralf und Birgit fahren ganz hinten. Der Stadtverkehr in Marrakech erfordert eine motivierte Gashand und hohe Konzentration, um den Anschluss nicht zu verlieren. Die Stadt verschwindet im Rückspiegel, Reindert biegt vorne auf eine Nebenstrasse ab. Es bleibt mehr Zeit zum Schauen. Leider zieht der Himmel zur Mittagspause zu, es fängt sogar an zu regnen. Aber der leichte Schauer dauert nicht lang, am Nachmittag erreicht die Reisegruppe eine Kasbah bei Demnate, ein traditionelles marokkanisches Gebäude mit schönen, grossen Zimmern. Der Gastgeber, ein junger Marokkaner, spricht perfekt Deutsch. Er hat lange als Reiseleiter gearbeitet, bevor er sich mit dieser Kasbah selbständig gemacht hat.
Pfefferminztee statt Bier - Motorrad Tour in Marokko
Der Empfang beginnt mit dem traditionellen Pfefferminztee, stark gesüsst, serviert auf der Terrasse. Kein Bier, sondern Tee ein Ritual, das die kommenden Tage begleiten wird. Am nächsten Tag führt ein kleiner Ausflug zur Schlucht von Imi Nifri, die eine natürliche Brücke bildet. Eine ziemliche Kletterei, aber interessant. Einige Kilometer weiter der erste Tankstopp und die erste blöde Überraschung: Der Hinterreifen an einer BMW 750 GS ist platt. Ein krummer Nagel ist der Übeltäter. Was folgt, ist eine beeindruckende Einlage von Samir, der die Tour in einem Pick-up begleitet. Er transportiert das Gepäck, hat eine Ersatzmaschine auf der Ladefläche und natürlich Werkzeug dabei. Das Rad auf dem Hauptständer ausbauen, den Reifen mit Hilfe des Seitenständers von der Felge lösen, mit dem Montiereisen abziehen, einen neuen Schlauch in den Reifen ziehen, per Kompressor am Auto aufpumpen, Rad wieder einbauen - 25 Minuten später ist die BMW wieder fahrfähig. Von dem Moment an hat der zurückhaltende Samir den vollen Respekt der gesamten Gruppe.
Die Reisegruppe überquert den Hohen Atlas auf einer Nebenstrecke. Verfahren kann man sich auf den nächsten 50 Kilometern nicht, also dürfen alle im eigenen Tempo fahren und Fotostopps nach Belieben einlegen. Die Passage beginnt mit Asphalt und geht weiter mit schlechtem Asphalt. Dann sind nur noch einzelne Asphaltflecken zu sehen, bis die Strasse über viele Kilometer auf rotem, losem Untergrund verläuft. Nicht richtig Schotter, auch kein Sand, halt eine Naturstrasse. Vielleicht sollte sie mal asphaltiert werden und die Vorarbeiten wurden gemacht, aber inzwischen hat sie so ihre Schlaglöcher. Es dauert nicht lange, und die gesamte Gruppe fährt im Stehen. Wer anfangs zu faul zum Stehen ist, wird schnell mit einem ordentlichen Schlag ins Kreuz eines Besseren belehrt.
Schotter in allen Farbtönen zwischen Ocker und Rot - Motorrad Abenteuer in Marokko von Feelgood Reisen
Schneebedeckte Gipfel in der Ferne, davor Felsen, Steine, Sand, Schotter in allen Farbtönen zwischen Ocker und Rot, die die Farbpalette zu bieten hat. Der Himmel ist auf eine unbekannte Art dunstig, als seien Sandpartikel in der Luft. Doch immer, wenn die Sonne durchkommt, erstrahlt die Landschaft in ihren Rot-Tönen. Was für ein Panorama! In dieser kargen Landschaft fällt jede Oase sofort ins Auge: Grüne Palmen, kleine Felder und Schilf am Ufer. Dort, wo Wasser ist, haben sich die Menschen niedergelassen. In den Dörfern herrscht geschäftiges Treiben. Wenn sich die Motorräder den Orten nähern, strömen die Kinder an die Strassen und winken. Manche Jungs wollen abgeklatscht werden und laufen neben den Motorrädern her. Reindert hatte den Teilnehmern eingeschärft, dass man sich nicht darauf einlassen sollte, weil es zu Unfällen führen kann. Der Anblick der Kinder lässt Ralf nachdenklich werden: Warum winken sie so begeistert? Was sehen diese fröhlichen Kinder in den Reisenden? Und wie wird ihre Zukunft aussehen?
Wunderbares Serpentinengeschlängel in Marokko - Motorrad Reise
Reindert biegt ab. An den Häusern links der Strasse nimmt die Zahl der Teppiche zu, die zum Verkauf angeboten werden. Das ist ein klares Indiz, dass man sich einer Touristenattraktion nähert. Die Faustformel lautet: Je mehr Teppiche, umso bedeutender die Attraktion, weil mehr Besucher kommen. Die Strasse steigt aus dem Tal an, bis sie in ein wunderbares Serpentinengeschlängel bergauf mündet. Die Gruppe hat die Dades-Schlucht erreicht. Was für eine Bergstrecke! Motorrad für Motorrad trudelt oben am Treffpunkt ein, wo ein Restaurant mit Aussichtsterrasse liegt. Natürlich sind alle Touristen hier, denn die Aussicht ist grandios, doch es herrscht kein übermässiger Andrang.

Es gibt mal wieder "omelette berbère", ein Berber-Omlett. Während mittags die Auswahl an Gerichten meist klein ist - leckere Salate und Eierspeisen dominieren - gibt es am Abend fast immer eine traditionelle Tajine. In den getöpferten, runden Schalen mit dem pagodenförmigen Deckel werden die Gerichte geschmort, ähnlich wie in einem Römertopf. Von aussen sehen sie alle gleich aus, die Überraschung folgt, wenn der Deckel gelüftet wird. Hähnchenschenkel mit Gemüse und Reis oder eine Art Rindfleischsuppe, es scheint Hunderte von Gerichten zu geben, die sich in einer Tajine zubereiten lassen.
Marokko – Land der Lösungen
Während des Ramadans essen die marokkanischen Gastgeber erst nach Sonnenuntergang. Dabei legen sie bemerkenswerte Selbstdisziplin an den Tag: Vor dem Sonnenaufgang das Frühstück, nach Sonnenuntergang erst das Abendessen. Dazwischen: nichts! Nicht mal Wasser zu Trinken! Apropos Trinken: Das Thema Alkohol für die Urlauber konnte trotz Ramadan sehr pragmatisch gelöst werden. Nicht-Gläubige dürfen Alkohol trinken. So wurde sich vorher bei einem Gemeinschaftseinkauf mit marokkanischem Wein eingedeckt, der am Abend auf den Tisch kommt. In manchen Hotels servieren sie sogar Bier und Wein, in anderen dürfen die Weinflaschen in den Kühlschrank gestellt und zum Abendessen gekühlt genossen werden. Marokko ist das Land der Lösungen, nicht das Land der Probleme.
Am folgenden Tag beweist Samir erneut, wie man in Marokko Probleme löst: An einer BMW hat sich das Radlager vorne verabschiedet. Am Fotostopp heisst es: Ersatz-Motorrad runter vom Pickup, 850 GS rauf. Das geht ratzfatz. Wir sind weit, weit weg von Marrakech und einer Werkstatt. Samir ruft daheim seinen Mechaniker an, er möge doch ein passendes Lager auftreiben. Offenbar gibt es ein Lager in einem der Orte an unserer Route, jedenfalls kommt unterwegs ein junger Mann mit dem Fahrrad und reicht Samir das Lager durch das Fenster in den Pickup. Während wir später zu Abend essen, tauscht Samir das Radlager auf dem Parkplatz vor dem Hotel. Er flucht vor sich hin "BMW makes me love KTM." Das Radlager ist an dem neuesten Motorrad, einer 850 GS mit nur 25.000 km auf der Uhr, kaputt gegangen.
Landschaftliche Highlights von Marokko
Die Todra-Schlucht ist spektakulär: Hohe Felswände rücken immer enger zusammen. Unten ist Platz für ein Rinnsal von Bach und eine schmale Strasse. Sie liegt im Schatten, oben strahlt die Sonne die Felsen in warmen Farben an. Die Tücher und Teppiche der Verkäufer am Strassenrand bilden hübsche, bunte Kontraste zu dem ockerfarbenen Fels. Die einzigartige Schlucht macht den Reisenden erst bewusst, wie viele landschaftliche Highlights Marokko für seine Besucher bereithält. Selbst die Steinwüste, die Reindert noch als langweilig angekündigt hatte, übt eine gewisse Faszination aus. Ait-Ben-Haddou ist eine befestigte Stadt, die die Reisetruppe auf dem Rückweg Richtung Marrakech bestaunen. Die Wohnburgen sind seit 1987 als UNESCO Welterbe geschützt. Eine fantastische Lage im Hang lädt zum Fotostopp ein. Der Pass ist breit und schnell ausgebaut, der Verkehr nimmt wieder zu nach Tagen der Einsamkeit. Marrakech ist schon von weitem erkennbar. Es wird wieder schwieriger, als Gruppe zusammenzubleiben und es gibt wieder Ampeln. Aber inzwischen sind alle an den Fahrstil gewöhnt. Schnell noch mal zwischen zwei Autos durchschlängeln? Klar, der sieht mich ja.
Praktische Infos zu Marokko als Motorradreiseziel
- Anreise: Der Flughafen von Marrakech wird von vielen Airlines angeflogen, aber die meisten Verbindungen sind mit Umsteigen verbunden. Gut funktioniert Air France über Paris.
- Geld: Die Landeswährung heisst Dirham. In Marrakech kann man vieles mit Karte bezahlen, auf dem Land benötigt man Bargeld, das man am besten an einem Geldautomaten zieht. Die meisten Bankkarten funktionieren.
- Tanken: Das Netz an Tankstellen ist gut ausgebaut. Nicht überall ist Selbstbedienung erwünscht. Der Tankwart erwartet ein kleines Trinkgeld. Barzahlung ist weit verbreitet.
- Mietmotorräder: Bei den Feelgood Reisen Marokkotouren steht eine grössere Auswahl an BMW-Modellen zur Verfügung, beginnend bei der 310 GS über 700 GS bis 850 GS sowie 1200 GS und 1250 GS. Von KTM sind 790 und 890 Adventure, auch in der R-Version verfügbar. Eine deutsche Zusatzversicherung senkt den Selbstbehalt auf Null.
- Strassenverkehr: Auf den ersten Blick wirkt die Verkehrssituation in grossen Städten wie Marrakech unübersichtlich, aber man gewöhnt sich schnell daran. Sicheres Beherrschen des Motorrads auch auf losem Untergrund ist wichtig. Der Untergrund wechselt von perfektem Asphalt bis hin zu einem kurzen Stück durch ein ausgewaschenes, trockenes Flussbett. Körperliche Fitness und eine dauerhaft hohe Aufmerksamkeit sollten als Anforderung für ein sicheres Motorradfahren in Marokko nicht unterschätzt werden.
- Klima und Reisezeit: Die günstigste Zeit für Motorradtouren in Marokko sind Frühjahr und Herbst. Feelgood Reisen bietet 2025 Marokko-Touren im April sowie im Oktober und November an.
Aktuelle Angebote für Marokko-Motorradreisen von Feelgood Reisen
Feelgood Reisen bietet 2025 zwei verschiedene geführte Reisen in kleiner Gruppe an insgesamt vier Terminen an. "Berge und Oasen - die Berber-Tour" ist die Reise, die hier beschrieben wurde. Sie gibt es an drei Terminen: Über Ostern vom 13. bis 24. April 2025, über den Maifeiertag vom 24. April bis 5. Mai 2025 und im Herbst vom 1. bis 12. November 2025. Die vierte Reise Marokkos Süden: Das grosse Motorradabenteuer mit Wüstencamp ist mit 15 Tagen länger und führt in einem weiteren Bogen auch durch das Gebirge des Antiatlas und bis an den Atlantik. Ausserdem ist eine Nacht im Wüstencamp enthalten. Sie findet statt vom 2. bis 16. Oktober 2025.
Bericht vom 18.12.2024 | 5.845 Aufrufe