Bucklige Welt Tour
Nur einen Steinwurf von der tosenden Südautobahn entfernt rollern wir beschaulich durch eine völlig andere Welt.
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Landpartie -Kreuz und quer durch die Bucklige Welt |
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Sonnige Berg- und Hügelrücken, märchenhafte Nadelwälder, uralte Eichen, friedliche Strassen, die plötzlich zum Offroad-Güterweg werden oder gar eine kleine Wasserdurchfahrt in einer Waldpassage parat halten schöner könnte ein Rollerausflug gar nicht sein. | |||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
Wir sind dort, wo die Bucklige Welt am buckligsten ist. Irgendwo bei Lichtenegg, Kaltenberg, Kühbach, Sauerbichl … Allein die urigen Ortsnamen geben schon darüber Bescheid, dass Stress und hektisches Getriebe hier nicht sehr erwünscht sind. Hinter jedem Hügel, hinter fast jeder Kurve ändert sich das Landschaftsbild und entzückt mit einem neuen Panorama. Es stellt sich so eine Art Toskana- oder Südsteiermark-Phänomen ein: Was gut fürs Auge ist, ist unbedingt auch gut für die Seele und fürs Gemüt. | |||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
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Die Bucklige Welt kann sich zweifellos mit den schönsten Landschaften der Welt messen. | |||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
Mit einem riesigen Vorteil: Gedränge, Geschiebe, Massentourismus und
Marktschreierei gibts nicht, kein Schluchting, Parakiting oder
sonstiger Unfug, sondern Zurückhaltung und Entschleunigung. So wirkts jedenfalls. Dass der Datenhighway bis ins entlegenste Plumpsklosett vorgedrungen ist und dass die Eingeborenen wie jeder andere auch ihrem täglichen Gelderwerb nachgehen müssen, das ist unvermeidlich. Sie können wenigstens in dieser begnadeten Gegend leben. Einschichthöfe, stattliche Streuhöfe, freundliche Dörfer, in denen es Greisslerei, Tankstelle und Trafik in Personalunion gibt hinter all dieser Bilderbuchkulisse scheint ein geheimnisvoller Kager zu stecken. Ich sags gleich, ich kenne ihn nicht und werde ihn wahrscheinlich nie kennenlernen. Jedenfalls ist er allgegenwärtig: Er ist Spengler und Dachdecker; er hat ein Wirtshaus, eine Fleischerei; ein Café ist nach ihm benannt und auch ein Kaufhaus heisst so. Was sicher nur die Spitze des Eisberges ist. Es ist eindeutig Kagers Land. Er ist sicher Bürgermeister und wahrscheinlich hiesse auch der Gendameriepostenkommandant Kager, falls es noch eine Gendarmerie gäbe. Was uns hier gar nicht wundern würde. Klar, in manchen Teilen des Salzkammerguts heissen alle Hemetsberger. Aber die Erscheinung in dieser extremen Form haben wir sonst nur auf ganz hinteren griechischen Inseln gefunden, wo sich die Namensvielfalt so eingedampft hat, dass alle Männer entweder Georgos oder Spiros heissen. Man kann das wohl so sehen, dass eine Region sehr in sich ruht und mit sich zufrieden ist. Die Bucklige Welt hat allen Grund dazu. |
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Die kleinen, kurvigen Strassen sind fast immer fein asphaltiert. Woanders wären das Nebenstrassen oder Seitenstrassen von Nebenstrassen in der Buckligen Welt sind es die Hauptverkehrsverbindungen. Und so kommt es, dass man in ein paar hundert Metern Entfernung ein Windrad oder ein idyllisches Gehöft erblickt, aber es sind dann doch zehn Kilometer, bis man endlich dort ist. Dazwischen sind fünf oder acht andere Hügel, links-rechts, bergauf-bergab. Daher ist die Bucklige Welt so prädestiniert für entspannte Ausflüge mit dem Roller oder einer 125er; ein 190-PS-Hypersportbike wäre hier unterfordert und fehl am Platz. Man lässt sich treiben, man schwimmt in diesem |
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Land der 1000 Hügel.
Dabei kann es vorkommen, dass man nach ein, zwei Stunden versehentlich
wieder am selben Fleck vorbeikommt. Man kann aber auch tagelang
genüsslich durch die Bucklige Welt touren, ohne dieselbe Strasse ein
zweites Mal zu befahren. Es lässt sich sogar das Wetter umfahren, lokale
Regenwolken umgeht man über den Umweg über einige Hügeln wobei man
vorher nicht weiss, wieviele es im Endeffekt sind. Wichtig: Die
Entscheidung zur Umleitung fällen, noch bevor man nass geworden ist.
Übrigens heisst Kaltenberg nicht umsonst so, es ist jedesmal fünf Grad
kühler als ein paar Kilometer davor oder danach. Dass die Region so verkehrsberuhigt ist, hat Tradition und einen erstaunlichen, ernsten Hintergrund. In einer in der Pfarrkirche Lichtenegg (gegen einen geringen in den Opferstock zu entrichtenden Betrag) zu entnehmenden Broschüre lässt sich nachlesen, dass sich die Bewohner noch 1880 vehement gegen den Bau einer Strasse von Kaltenberg nach Grimmenstein zur Wehr setzten. Und weiter: Die bäuerliche Bevölkerung wehrte sich damit sehr geschickt gegen eine Ausbeutung durch Staat und Industrie. Schon seinerzeit, als noch jeder Bauer seinen Zehent dem Stift Reichersberg zu entrichten hatte, wusste man die Situation des Zehentinhabers auszunützen. Der Lehensverwalter konnte den Zehent infolge der schlechten Wegverhältnisse nicht wegbringen … Heute ist die Gemeinde Lichtenegg stolz darauf, dass sie über ein Strassennetz verfügt, das fast zur Gänze staubfrei ist. Ausserdem ist man Luftkurort, die 700-Meter-Höhenlage ist gut für die Gesundheit. |
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Überhaupt, wehrhaft war man hier immer, wehrhaft musste man sein. Das Netz der vielen Wehrkirchen ist überzeugend, es gibt sogar eine richtige Wehrkirchenstrasse, die einem riesigen Freiluftmuseum gleicht. Es waren plündernde, mordende und brandschatzende Truppen aus Osteuropa oder vom Bosporus auf dem Weg nach Wien, die über Jahrhunderte der Bevölkerung übel zusetzten. Die Wehrkirchen mit ihren dicken Mauern boten Schutz für jeweils hunderte Menschen, man konnte sich wochenlang verschanzen. In den Kirchen gabs Brunnen, Backöfen, manchmal auch eine Selch. Aus den schmalen Schiessscharten heraus verteidigte man sich, von den Pechnasen wurden die Angreifer mit Pech oder mit siedendem Öl empfangen. In nicht einmal zwei Stunden ist man von der Buckligen Welt in Wien oder in Graz. Wir kehren zum Basislager zurück, der Burg Bernstein am südlichen Rand der Buckligen Welt. Der Hotelier und Schlossherr Andreas Berger-Almásy hat übrigens für zweiradfahrende Gäste nicht nur die Wehrkirchenstrasse, sondern noch einige andere Tourenvorschläge parat. Sehr empfehlenswert! |
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Diese erste Landpartie-Folge erscheint am 9. August auf www.motomobil.at. |
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TRIPTIPP |
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Text: Michael Bernleitner /
Motomobil |
Autor
Bericht vom 02.08.2010 | 9.055 Aufrufe