Kleider schützen Leute
Ich staunte nicht schlecht, als heuer im Frühjahr Motorradbekleidung bei Eduscho und auch in diversen Discounter Lebensmittelketten angeboten wurde. Sehr interessant fand ich deshalb den Artikel in der deutschen Zeitschrift "Motorrad", in der Ausgabe 11/2005. Dort hat man die Billigangebote der Discounter gekauft, getestet und kam zu deutlichen Ergebnissen. |
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Zitat "Motorrad" zur Bekleidung von Aldi (in Österreich Hofer): "Bei Aldi sind die Kekse und der spanische Rotwein sehr gut - Motorradbekleidung sollte man aber besser woanders kaufen." Deutlich auch die Aussage vom "Motorrad" zum Billigkomplettset (Helm, Handschuhe, Textilkombi und Stiefel) von Louis: "Man kann es mit billig auch übertreiben. Diese Komplettaustattung ist komplett schlecht". Zitat "Motorrad" zum Tchibo (in Österreich Eduscho) Set (Handschuhe und Textilkombi): "Die Ausstattung ist in Verarbeitung gut, allerdings gibt es im Fachhandel für fast das gleiche Geld bessere Alternativen" |
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Gibt es tatsächlich Motorradfahrer welche Motorradbekleidung zwischen Klopapierrollen und Zahnpastatuben aus dem Regal räumen und dann mit einem 39,99 Euro Helm auf einer neuen R1 durch die Gegend fahren? Beruhigend waren für mich dann jedoch die Ergebnisse der Umfrage im August auf 1000PS zum Thema Bekleidungskauf. Die
Fragestellung lautete: |
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Nicht anders ist die Situation im Motorrad-Bekleidungshandel. Mit günstigen Vorjahresmodellen oder mit mieser Billigware werden kostenbewusste Motorradfahrer zum Discounter gelockt. Das geschulte Auge muss jedoch erkennen, dass die feine Ware von Rukka, Dainese, Shoei, Arai und Co. nirgendwo um 99,90 Euro zu kaufen ist. Anhand von 3 Beispielen
möchte ich hier ein paar Feinheiten zum Thema Bekleidung erläutern. Es
gibt hunderte Produkte am Markt welche auf den ersten Blick das gleiche
bieten aber erstaunlicherweise unterschiedlich viel Kosten. Der Hund
liegt im Detail begraben. |
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Fall 1: Leichte Sommerkleidung | |||||
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Die Zeit für Sommerkleidung ist nun zwar bald vorbei doch angeblich kommt nächstes Jahr wieder Sommer und angeblich soll es auch Tage geben, wo es nicht regnen wird. Für solche Zwecke werden diverse leichte "Motorrad" Jacken angeboten. Sehen grossartig aus! Es scheint so, als wären sie durch das dünne Material auch richtig luftig und kosten um die Hundert Euro. Doch das Material ist oft nicht atmungsaktiv und anständige Protektoren gibt es überhaupt keine. Der österreichische Motorradbekleidungsspezialist Racer, mit Sitz im oberösterreichischen Traun hat sich mit hochqualitativen Handschuhen in allen Preisklassen einen guten Namen gemacht. Seit Jahren hat man nun auch Textilbekleidung im Programm welche ausschliesslich über den Motorradfachhandel vertrieben wird. Mit dem gebotenen Preis / Leistungsverhältnis nimmt man es ohne Probleme mit jedem Discounter auf. Racer bietet um 149,90 (Listenpreis) eine echte Sommerjacke unter dem Namen "Summer Fun Jacket" an. Die Jacke hat vollwertige Protektoren, ist durch das Maschengeflecht wirklich luftig, verfügt über komfortable Verstellmöglichkeiten und bietet im Fall des Falles auch jenen Schutz, dem man sich von einer Motorradjacke erwartet. Und genau hier liegt auch der Unterschied zu vielen Billigprodukten! Ich selbst verwende Jacke und Hose dieser Serie seit 2 Jahren und war damit in Südarfrika, in Spanien, in Italien und in Österreich unterwegs. Prädikat: Absolut empfehlenswert. |
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Photos oben: Details der Racer "Summer Fun Jacket" | |||||
Fall 2: Textiljacke Mittelklasse | |||||
Textiljacken gibt es in unterschiedlichen Qualitäten zu unterschiedlichen Preisen wie Sand am Meer. Sinnvolle Ware gibt es meiner Ansicht nach ab ca. 200 Euro. Dann bekommt man eine wasserdichte und atmungsaktive Jacke mit CE geprüften Protektoren, herausnehmbaren Innenfutter, anständiger Armweitenverstellung und guten Materialien. Beim Kauf von wasserdichten Motorradjacken ist grosse Vorsicht geboten. Eine Jacke wasserdicht zu machen ist nicht besonders schwierig. Im Prinzip reicht ein Plastiksackerl, ein wenig Stoff und ein paar chinesische Näherinnen und schon hängt eine echt wasserdichte Jacke um 59,90 Euro im Regal. Doch es kommt hier nicht nur kein Wasser rein, sondern auch kein Schweiss nach aussen. Man fühlt sich nach einer schönen Sonntagstour dann so richtig schön geselcht. Von Racer gibt es hier um 199 Euro eine Jacke, welche die oben erwähnten Anforderungen erfüllt. Die Vento-Jacke hat jedoch ein Feature, das sie von anderen Jacken etwas abhebt. Steigt das Quecksilber mal ordentlich an, kann man die Seitenteile der Jacke einfach rauszippen. Man hat so entweder eine Allwetterjacke für Früjahr und Herbst oder ein luftiges Jackerl wie die Fun Jacke. |
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![]() Racer Vento vor... |
![]() ...und nach dem Strip |
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![]() Gut gekleidet auf dem Weg zum Eierautomaten |
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Mein Tipp beim
Bekleidungskauf. Augen auf und nicht nur auf Preis achten, sondern auch
auf das was drinnen ist. Es gibt extrem viele Unterschiede bei
Reissverschluss, Material, Passform und bei den Features wie
Armweitenverstellung und abzippbaren Teilen. Wenn man gleiches mit
gleichem vergleicht, erkennt man schnell, dass auch der Fachhändler und
nicht nur Discounter wie Louis und Co. günstige Ware im Geschäft haben.
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Fall 3: Bekleidungs - Hightech |
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Die De-Luxe Ware wie zum Beispiel die Gore-Tex Bekleidung von Rukka (Jacke und Hose von der Serie ArmaX) spielt preislich aber auch in Sachen Ausstattung in einer eigenen Liga. Das verwendete Cordura Aussenmaterial aus Kevlar hat zum Beispiel gleich gute Abriebwerte wie hochwertiges Leder. Dies wurde von vielen unabhängigen Tests (auch vom ADAC) bestätigt. Bei der Kawasaki ER-6n Präsentation im Salzburger Schnürlregen bewies die Wäsche auch das Prädikat "Wasserdicht". Während selbst die Journalistenkollegen mit Regenkombis nass wurden, blieb ich mit dem Rukka Gewand vollkommen trocken. Denn auch Reissverschlüsse, Kragen, Ärmeln und Nähte sind wirklich wasserdicht. Der wesentliche Unterschied zu einer herkömmlichen Jacke ist aber die Verbindung von Aussenmaterial (Cordura), Membrane (Gore-Tex) und Innenmaterial. Die 3 Stofflagen sind zu einem Laminat über die gesamte Fläche verbunden. Bei anderen Gore-Tex Jacken werden die wasserdichte Membrane und die Aussenhaut nur an den Nähten verbunden. So können sich bei langen Regenfahrten Wassertropfen zwischen der Aussenhaut und der Membrane bilden. Man bleibt zwar zwar trocken, kühlt aber aus. Bei der Rukka Wäsche perlt das Wasser sofort von der Oberfläche ab. Innen hat man noch ein herausnehmbares Innenfutter mit Outlast Technik zur Klimaregulierung. Hat vor allem bei weitläufigen Touren mit grossen Temperaturunterschieden einen Sinn. Am Berg nicht frieren und in Kroatien nicht schwitzen. Die kniffligen Lösungen reichen bis ins kleinste Detail. An der Innenseite der Hose befindet sich im Gesässbereich ein Klimapuffer. Dieser verhindert, dass die atmungsaktiven Membrane an der Sitzfläche zusammengedrückt werden und so luftundurchlässig werden. Dann hätte man nämlich eklige Schweissflecken in der Unterhose - und die wollen wir doch alle nicht. Damit Stürze nur einmal und nicht zweimal schmerzen, ist die Rukka Gore-Tex Kleidung im Fall des Falles von einem Gore-Tex Repair Center zu reparieren. Dort wird nicht einfach ein rosa Herzerl über den Ellbogen geklebt, sondern tatsächlich das Aussenmaterial und die Membrane getauscht und von Profis wieder zusammengenäht. Die Jacke ist dann wieder in einem neuwertigen Zustand. In Österreich übernimmt diese Reparaturaufgaben der Bekleidungsprofi RG-Leder in Oberösterreich. Erst nachdem ich die ganzen Features behirnt und auch in der Praxis ausprobiert habe, verstand ich den Preis von 899 Euro für die Jacke und 679 Euro für die Hose. Viel Geld! Aber dafür bekommt man auch wirklich ein qualitativ hochwertiges Produkt mit tollen Features. Und auch hier muss man auch beim Discounter den gleichen Preis wie im Fachhandel bezahlen. Schnäppchen gibt es leider keine. |
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![]() Sehr gute Passform und Armweitenverstellung. |
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![]() Wasserdichte Reissverschlüsse. |
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![]() Wasserdichter Übergang zum Handschuh. |
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Mein Fazit: Ich glaube es ist heutzutage leichter sich für das richtige Motorrad als für die richtige Motorradbekleidung zu entscheiden. Während sich alle Motorradhersteller mittlerweile auf seinem sehr hohen Niveau befinden, kann man beim Bikekauf nach einer Probefahrt fast nicht daneben greifen. Sehr wohl jedoch bei der Bekleidung. Hier reicht die Palette von Schrott bis perfekte Ware und ist auf den ersten Blick nicht als solche zu erkennen. Mein Tipp: Viel Zeit beim Bekleidungskauf nehmen und vor allem auf die Details achten. Dann hat man über Jahre viel Freude mit einem guten Produkt. |
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Bericht vom 26.09.2005 | 8.230 Aufrufe